Im Juni wurden erstmals in der Landesgeschichte Fluthelfer mit der Bevölkerungsschutz-Einsatzmedaille ausgezeichnet. Im Neuen Schloss in Stuttgart standen insbesondere sechs Einsatzkräfte aus dem Rems-Murr-Kreis im Fokus, denn Anfang Juni 2024 traf das Hochwasser- und Starkregenereignis die Gegend um Rudersberg am stärksten, wie Innenminister Thomas Strobl ausführte. Er würdigte die Leistungen aller ehrenamtlichen Helfer, insbesondere am Beispiel der schweren Vorkommnisse in Rudersberg, und überreichte ihnen die Auszeichnungen.
Die Einsatzkräfte waren Anfang Juni vergangenen Jahres am Limit, erinnert sich Gerhard Lepschy, der gemeinsam mit Carsten Knück, Pascal Zelfl, Peter Fink und Ralph Maier stellvertretend für die mehr als 250 Helferinnen und Helfer aus dem Rems-Murr-Kreis ausgezeichnet wurde. Ende Mai 2024 war es landesweit zu starken Niederschlägen gekommen. Vielerorts waren die Feuerwehren im Einsatz. Am Samstag, dem 1. Juni, drohte in Rudersberg ein Rückhaltebecken überzulaufen, erinnern sich die Helfer. Dies veranlasste das DRK dazu, einen Einsatzstab einzuberufen und zu klären, wie viele Einsatzkräfte in den nächsten Tagen zur Verfügung stehen würden, sollte die Lage eskalieren. Die Hauptaufgabe des Stabs besteht darin, den Einsatz der verfügbaren Ressourcen effektiv zu planen, zu koordinieren und zu überwachen. Bis Sonntagnachmittag entspannte sich die Lage – vorerst.
In der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2024 spitzte sich die Situation in einigen Gebieten des Landkreises dramatisch zu. Gegen 22 Uhr am Sonntag wurde die Kreisbereitschaftsleitung alarmiert, damit sich die diensthabende Führungskraft in der Integrierten Leitstelle einfinden sollte. Das war ein klares Zeichen dafür, dass sich eine ernste Lage abzeichnete, erinnert sich Lepschy, der Teil der Kreisbereitschaftsleitung ist. Solche Situationen treten äußerst selten auf.
Um 22 Uhr wurde die KBL alarmiert
Binnen weniger Stunden gingen in der Integrierten Leitstelle so viele Notrufe ein, dass einige Anrufe in der Warteschleife landeten, obwohl die Kapazitäten an Disponenten bereits erhöht worden waren. Während des Hochwassers wurden auch zahlreiche automatisierte Notrufe über das sogenannte eCall-System von Fahrzeugen ausgelöst, die in den betroffenen Gebieten beschädigt wurden.
Die äußeren Bedingungen verschärften sich so stark, dass unmittelbar der Verwaltungsstab im Landratsamt und der Führungsstab der Blaulichtfraktionen in enger Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden in den Krisenmodus wechselten. Für das DRK war es entscheidend, sich gemeinsam mit Akteuren wie der Feuerwehr und dem Leitenden Notarzt ein umfassendes Lagebild zu verschaffen. Dabei zahlte sich aus, dass seit 2020 – im Kontext der Corona-Pandemie – das Zusammenspiel zwischen Haupt- und Ehrenamt weiter gestärkt worden war. Bereits etablierte Strukturen des Einsatzstabs mit klaren Zuständigkeiten und bewährten Abläufen konnten nun effektiv genutzt werden.
Denn die Flut arbeitete sich weiter in Richtung Schorndorf vor. Die Kommunikation war schwierig, und einige Ortschaften mussten evakuiert werden. Hier half das DRK sowohl mit ehrenamtlichen Kräften als auch mit den Mobilen Diensten, da unter anderem Personen mit Rollstuhl evakuiert werden mussten. Der DRK-Kreisverband übernahm in dieser Katastrophe eine zentrale Rolle.
Mehr als 250 Helfer im Einsatz
Der Rettungsdienst und die Integrierte Leitstelle leisteten vorausschauende Arbeit: Die Kapazitäten der Notfallrettung wurden frühzeitig erhöht, sodass mehr als 20 Rettungswagen rund um die Uhr im Einsatz waren. Auch das Ehrenamt des Deutschen Roten Kreuzes zeigte in dieser Krisensituation vollen Einsatz. Gerhard Lepschy und rund 250 DRK-Einsatzkräfte aus dem gesamten Kreis unterstützten die Hilfsmaßnahmen vor Ort.
Erstmals wurden alle verfügbaren Schnelleinsatzgruppen aktiviert, berichten die sechs geehrten Einsatzkräfte aus dem Landkreis. Die Ehrenamtlichen bauten Erstaufnahmestellen auf, leisteten medizinische Versorgung und betreuten Betroffene. Darüber hinaus halfen sie bei Evakuierungen und übernahmen die psychologische Betreuung von Helfern und Betroffenen. Auch nach der unmittelbaren Krise blieb das DRK eine verlässliche Stütze.
Innerhalb kürzester Zeit wurde eine mobile Arztpraxis nach Rudersberg gebracht, um die medizinische Versorgung sicherzustellen. Insgesamt leisteten die Ehrenamtlichen mehr als 5000 Einsatzstunden.
Die Bevölkerungsschutz-Einsatzmedaille würdigt diese außergewöhnlichen Leistungen. Neben der Medaille erhielten die geehrten Fluthelferinnen und Fluthelfer auch eine Urkunde als Zeichen der Anerkennung und Wertschätzung für ihren Einsatz. Die Auszeichnung wird stellvertretend für über 6000 Einsatzkräfte verliehen, die im Sommer 2024 bei den Hochwasserereignissen tatkräftig geholfen haben.