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Eine starke Rettungskette - Sicher leben im Rems-Murr-Kreis

In den Medien ist in der Vergangenheit viel davon zu lesen gewesen, die Hilfsfrist im Rems-Murr-Kreis werde nicht eingehalten, was eine Verunsicherung für den Patienten bedeutet. Dank zahlreiche Maßnahmen konnte nun eine Kehrtwende eingeleitet werden. 2020 wurde die Hilfsfrist im Bereich der Notfallrettung mit 94,9 Prozent knapp nicht erreicht (2019: 93,7 Prozent).  Ein Notarzt war 2020 in 92,5 Prozent der Einsätze in weniger als 15 Minuten am Unfallort. Für 2021 sehen die Zahlen bereits besser aus. Für die Mitglieder des Bereichsausschuss für den Rettungsdienstbereich Rems-Murr hat die Verbesserung der Notfallrettung höchste Priorät. Richtig ist aber auch, dass unsere Einsatzfahrzeuge im Durchschnitt in rund acht Minuten am Unfallort eintreffen.

Die Hilfsfrist

 „Die Hilfsfrist ist eine Planungsgröße, auf deren Grundlage die rettungsdienstlichen Strukturen in den Rettungsdienstbereichen festzulegen sind. Die Zeit vom Eingang der Notfallmeldung in der Integrierten Leitstelle bis zum Eintreffen der Hilfe am Notfallort an Straßen (Hilfsfrist) soll aus notfallmedizinischen Gründen möglichst nicht mehr als 10, höchstens 15 Minuten betragen (§ 3 Abs. 2 RDG, siehe auch Kapitel VIII, Abschnitt 1.2). Die Planungsgrundlage ist erfüllt, wenn sie in 95 Prozent aller Einsätze im Vorjahreszeitraum (Kalenderjahr) im gesamten Rettungsdienstbereich eingehalten wird.“

Der Hauptgrund ist die kontinuierliche Zunahme der Einsätze. Allein in den vergangenen sieben Jahren stiegen die Einsatzzahlen bei den Rettungswagen um 39 Prozent und bei den Notärzten um 23 Prozent. Hinzu kommt, dass die Wege zu den Krankenhäusern aufgrund der Veränderung der Kliniklandschaft immer weiter wurden und werden (Schließung der Kliniken in Waiblingen, Backnang, Gaildorf, etc.) und die Fahrzeuge damit länger gebunden sind. Auch die Verkehrslage sorgt für weitere Behinderungen. In Landkreisen mit großen Ballungsgebieten können die Rettungswagen schneller vor Ort sein als im mitunter ländlichen Rems-Murr-Kreis. Das könne zu Ausreißern nach oben führen, die sich negativ auf die Statistik auswirkten.

Im Wesentlichen sind für die Zunahme der Einsätze fünf Faktoren ausschlaggebend.

  • Demografischer Wandel, die Bevölkerung wird immer älter und benötigt dadurch auch mehr Rettungsdienstleistungen. Der Anteil der über 80jährigen Menschen an der Bevölkerung liegt unter 5 Prozent – der Anteil der Notarzteinsätze bei dieser Altersgruppe hingegen bei über 23 Prozent.
  • Veränderte Anspruchshaltung der Bevölkerung. Der Rettungsdienst wird immer häufiger auch zu Bagatellfällen gerufen.
  • Die Versorgung durch die Hausärzte oder Ärztlichen Bereitschaftsdienste nimmt ab. Dadurch wird vermehrt der Rettungsdienst gerufen.
  • Die Änderungen der Kliniklandschaft. Hier kommt es immer mehr zu Spezialisierungen und Zusammenlegungen. Dies verlängert die Transportdauer und somit ist der Rettungswagen länger gebunden und steht nicht für andere Einsätze zur Verfügung.
  • Der Rettungsdienst wird zum sogenannten „Lückenbüßer“ im Gesundheitssystem.

Die Rettungskette

Die Hilfsfrist ist eine wichtige Planungsgröße für die Vorhaltungen in der Notfallrettung. Die Hilfsfrist darf jedoch nicht als ausschließlicher Qualitätsindikator im Rettungsdienst eingestuft werden. Dies ist den Hilfsorganisationen im Rems-Murr-Kreis bewusst und steuert unser Handeln. Doch gilt es, die gesamte Rettungskette zu betrachten. Und hier ist der Rems-Murr-Kreis hervorragend aufgestellt.

  • Helfer vor Ort: Im Rems-Murr-Kreis werden bei schwerwiegenden Notfallereignissen (Herz-Kreislauf-Stillstand, Bewusstlosigkeit, Amputation etc.) standardisiert immer parallel zum Rettungsdienst sogenannte Helfer vor Ort von den DRK-Ortsvereinen alarmiert. Mittlerweile gibt es mehr als 170 Helfer. Jede Gemeinde ist abgedeckt!)
  • Strukturierte Notrufabfrage bei der Integrierten Leitstelle Rems-Murr. Hochwertige Einsatzleitung, u. a. mit Telefonreanimation
  • Verbesserung der Wege bei der Notaufnahme am Rems-Murr-Klinikum in Winnenden: Übergabeprozesse verbessert und Übergabezeiten verkürzt
  • Optimierung von Versorgungsabläufen zwischen Klinikum und Rettungsdienst
  • Aktivitäten des Kardiovereins „Gemeinsam gegen den Herzinfarkt“ in Kooperation mit dem DRK (bundesweit einmalig, „Urbach schockt“)
  • Defi-Netz Rems-Murr: Aufbau einer bundesweit einmaligen Datenbank in der Integrierten Leitstelle Rems-Murr, in welcher die Koordinaten von öffentlich zugänglichen Defibrillatoren erfasst sind

Nach internen Berechnungen des Bereichsausschusses liegt die Hilfsfrist im Jahr 2018 im Bereich der Notfallrettung bei 93,4 Prozent und im Bereich des Notarztes bei 91,4 Prozent, teilt Eberhard Kraut, Vorsitzender des Bereichsausschusses für den Rettungsdienst im Rettungsdienstbereich Rems-Murr-Kreis, mit. Damit konnte die Hilfsfrist 2018 im Rettungsdienstbereich Rems-Murr nicht eingehalten werden. Dies war 2016 und 2017 ebenfalls der Fall. Als Gründe nennt Kraut: kontinuierliche Zunahme der Einsätze in den vergangenen Jahren, Demografischer Wandel, Veränderte Anspruchshaltung (mehr „Bagatelleinsätze“), Abnahme der Versorgung durch die Hausärzte oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst, Änderungen der Kliniklandschaft, Rettungsdienst wird zum sogenannten „Lückenbüßer“ im Gesundheitssystem). Daher hatte der Bereichsausschuss bereits im Januar 2018 die Beauftragung eines Strukturgutachtens beschlossen und im August die Ergebnisse vorgestellt. Handlungsfelder für eine schnellere rettungsdienstliche Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Rems-Murr-Kreis wurden aufgezeigt. Der Bereichsausschuss beschloss daher ein Paket von Vorhalteerweiterungen. Dies umfasst eine Vorhalteerweiterung bei den Fahrzeugen um 48.857 Stunden im Jahr zusätzlich sowie beim  Personal um 97.714 Stunden im Jahrzusätzlich. Dies entspricht rund 55 zusätzlichen Vollzeitkräften im Rettungsdienst sowie rund 5,5 zusätzlichen Fahrzeugen (NEF und RTW) im Jahr. Auch die Anzahl der Mitarbeiter in der Integrierten Leitstelle wurde und wird sukzessive um rund neun Vollzeitarbeitskräfte auf rund 30 Vollzeitkräfte erhöht.

Rettungsdienstgesetz

In Baden-Württemberg ist der Rettungsdienst maßgeblich durch das Rettungsdienstgesetz geregelt. § 1 Absatz 1 des Rettungsdienstgesetzes (RDG) definiert die Aufgaben folgendermaßen: „Aufgabe des Rettungsdienstes ist die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransportes zu sozial tragbaren Benutzungsentgelten. Gegenstand der Notfallrettung ist es, bei Notfallpatienten Maßnahmen zur Erhaltung des Lebens oder zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden einzuleiten, sie transportfähig zu machen und unter fachgerechter Betreuung in eine für die weitere Versorgung geeignete Einrichtung zu befördern. Notfallpatienten sind Kranke oder Verletzte, die sich in Lebensgefahr befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, wenn sie nicht umgehend medizinische Hilfe erhalten.“

Allgemeine Informationen zum Rettungsdienst finden Sie hier.